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Der HC-Servette kann den Final der Champions League nicht nach Genf holen

epa11066638 Geneve-Servette's players wave to their supporters after their draw in the Champions Hockey League semifinal game between Geneve-Servette HC and Lukko Rauma, in Geneva, Switzerland, 0 ...
Die Arena in Genf ist zwar bereits 1958 in Betrieb genommen worden und die älteste in unserer National League.Bild: keystone
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Skandal? Servette kann den Final der Champions League nicht nach Genf holen

Servette hat nach einem 2:2 im Hinspiel gegen Lukko Rauma als erstes Schweizer Team realistische Finalchancen. Aber aus eigener Kraft kann Servette den Final vom 20. Februar nicht mehr nach Genf holen. Eine verpasste Chance für die Champions League, ja bei Lichte besehen schon fast ein Skandal.
10.01.2024, 04:5510.01.2024, 15:31
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Ein grosses Spiel, ein «kleines» Resultat: Ein kurzes Nachlassen zu Beginn des Mitteldrittels kostete Servette in einer hochstehenden, dramatischen Partie den ersten Sieg eines Schweizer Teams in einem Halbfinal der 2014 neu lancierten Champions League. Lukko Rauma machte aus einem 1:0 ein 1:2 und brachte trotz klarer Dominanz von Servette ein 2:2 ins Ziel. Nun zieht der Sieger des Rückspiels vom nächsten Dienstag in den Final ein. Von den bisherigen Halbfinalisten aus der National League (Gottéron, Davos, Zug) hat nur Davos einen Punkt geholt: 2016 ein bedeutungsloses 1:1 bei Frölunda Göteborg. Die Davoser hatten das Hinspiel 0:5 verloren.

Wo aber wird der Final am 20. Februar 2024 gespielt? Der Verwaltungsrat der Champions League hat das Recht, nach verschiedenen Kriterien frei zu entscheiden: nach sportlichen, aber auch infrastrukturellen. Der rührige Champions-League-Manager Martin Baumann bestätigt nun, dass für die Wahl des Finalortes ausschliesslich sportliche Kriterien berücksichtigt werden: Den Final bekommt das für den Final qualifizierte Team mit den meisten Punkten aus dem gesamten Wettbewerb dieser Saison. «Würden wir nach anderen Kriterien entscheiden, gäbe es Kritik.»

Das bedeutet: Aus eigener Kraft kann Servette den Final nicht mehr nach Genf holen. Skelleftea hat den ersten Halbfinal gegen Vitkovice 4:2 gewonnen. Siegen die Schweden auch im Rückspiel auf eigenem Eis, dann werden sie den Final am 20. Februar im eigenen Stadion austragen können. Weil sie sportlich besser dastehen als alle anderen Halbfinal-Teams inkl. Servette. Dem Meister fehlen die drei Zähler, die bei der peinlichen, aber folgenlosen Auftaktniederlage vom 31. August in Innsbruck (2:5) verschenkt worden sind.

Falls Servette tatsächlich den Final erreichen sollte und dafür nach Skelleftea reisen muss, dann vergibt die Champions League eine grosse Chance. Ja, eigentlich ist es ein Skandal. Der europäische Klubwettbewerb leidet seit der Neulancierung von 2014 unter einer erdrückenden skandinavischen Dominanz: Alle bisherigen acht Wettbewerbe sind von schwedischen oder finnischen Teams gewonnen worden. Kein Wunder also hält sich das Interesse in der europäischen Hockeywelt in einem überschaubaren Rahmen.

Martin Baumann sagt, eine Finalqualifikation eines Schweizer Teams wäre ein Gewinn für diesen Wettbewerb. Womit der tüchtige Macher sicherlich recht hat. Konsequenterweise läge also nichts näher, als in diesem Falle den Final auch in der Weltstadt Genf und nicht in einer Kleinstadt (nicht einmal 40'000 Einwohner) in der tiefsten Provinz in Nordschweden auszutragen.

Kommt dazu: Die Arena in Skelleftea ist ein im Januar 1966 eröffneter Betontempel ohne Charme, mit einem Fassungsvermögen von bloss 6100 Zuschauenden. Die Arena in Genf ist zwar bereits 1958 in Betrieb genommen worden und die älteste in unserer National League. Aber anders als in Skelleftea hat der Genfer Hockeytempel über die Jahre bei aller Schäbigkeit seine Eleganz in der Bauweise und einen gewissen Charme bewahrt. Und fasst immerhin 7200 Fans. Die Situation von Servette lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Auf europäischem Eis kein Glück (es hätte nicht viel Glück gebraucht, um das Hinspiel 3:2 oder 4:2 zu gewinnen) und auch neben dem europäischen Eis in der Finalstandort-Frage kein Glück.

Ein Final der Champions Hockey League im Herzen Mitteleuropas, in der Weltstadt Genf, würde allen etwas bringen – den Sponsoren, den Fans und der Champions League als Ganzes. Das Reglement hätte es erlaubt, im Falle eines Falles den Final nach Genf zu vergeben. Aber dem Verwaltungsrat fehlt in der Sache der Mut und er versteckt sich hinter dem sportlichen Argument. Kein Wunder, bleibt ein sportlich hochklassiger Wettbewerb ein Nischenprodukt, das nur in Skandinavien ein gewisses Interesse weckt.

Für Servette lohnt sich die Champions League sportlich als Herausforderung. Aber nicht finanziell. Gemäss Servettes Präsident habe die Champions League seinem Klub dieses Jahr bis zum Halbfinal rund 100'000 Franken Verlust eingefahren. Müsste man zum Final nach Skelleftea fliegen, würde nur im Falle eines Falles bei einem Gewinn der Champions League ein kleiner Gewinn herausspringen.

Nun denn: Noch ist alles offen. Aber alles deutet darauf hin, dass der Final in der tiefsten Provinz – Rauma, Skellefftea oder Ostrava – gespielt werden wird.

PS: Mag sein, dass sich die Champions League nicht für eine Polemik eignet. Eine brisante Episode gibt es aber schon, die am Rande des Halbfinals in Genf die Runde machte. Die Lakers jammerten, weil sie ihren Leitwolf Roman Cervenka im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League nicht einsetzen konnten: Der tschechische Verband hatte auf seinem verbrieften Recht bestanden, dass Roman Cervenka in die Nationalmannschaft einrückt. Die Lakers hatten das Hinspiel mit Roman Cervenka 2:1 gewonnen und verloren das Rückspiel ohne Roman Cervenka 1:5.

Böser tschechischer Verband, armer Roman Cervenka, verratene Lakers? Es gibt auch eine andere Version: Roman Cervenka wird im Dezember 39. Die nächste WM wird im Mai 2024 in Prag gespielt. Der Captain der Lakers muss damit rechnen, dass diese WM sein letztes Titelturnier sein wird. Mit einer Absage für das Aufgebot hätte er sich beim neuen Nationaltrainer unbeliebt gemacht und die Chancen auf einen Platz im nächsten WM-Team geschmälert. Also lieber ins Nationalteam einrücken als mit den Lakers Champions League spielen? Eine überaus boshafte Version, die rund um den Halbfinal in Genf unter hochrangigen Funktionären diskutiert worden ist. Eine Wette, dass Roman Cervenka seinen Vertrag bei den Lakers bis am Ende der nächsten Saison erfüllen wird, ist wohl nicht ganz ohne Restrisiko.

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Note

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    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

5,2

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31 Kommentare
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Ominöser
10.01.2024 06:47registriert Oktober 2016
Es ist doch nur fair, das Finale nach sportlichen Kriterien zu vergeben. Das wird in den Playoffs ja nicht anders gehandhabt.
Das Baujahr des Stadions als Kriterium für die Finalvergabe zu fordern, finde ich völlig absurd und wenn es um die Stadionkapazität ginge, müsste man in Prag, Köln oder Bern spielen lassen.
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Bergfux
10.01.2024 06:19registriert September 2021
Es gibt klare Kriterien und die wurden im vorhinein festgelegt also ist das alles wirklich nur billige Polemik. Zudem soll sportlichen Erfolg in der "Gruppenphase" belohnt werden. 1. Indem es einen einfacheren Gegner in der KO-Phase gibt. 2. Dass man im Finale Heimvorteil geniesst. Es lohnt sich also, von Anfang an Vollgas zu geben und nicht teilweise Spieler zu schonen.
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hocky
10.01.2024 06:49registriert März 2021
Genf muss zuerst das Final erreichen, dann kann man über den Finalort lamentieren. Es liegt an den Ausserskandinavisches Clubs, sich mehr für den Finalort aufzudrängen. Die Cervenka-Argumentation ist wirklich boshaft. Leistet der Tschechen dem Aufgebot keine Folge, ist er sowieso von der WM weg. Einzig und allein ist der Tschechische Verband der Böse. Die CHL hat sich dem Problem bereits angenommen. Übrigens: gutes Spiel gestern auf hohem Niveau. Kein Spektakel, wie immer gegen Finnen. Aber so werde international nun mal Blumentöpfe gewonnen. Solche Spiele sind für Schweizerclubs Gold wert.
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